EIN WECKRUF – DER WALD STIRBT
Unsere Wälder sind weit mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen – sie sind Lebensraum und Erholungsort zugleich. Sie filtern unsere Luft, speichern Wasser, binden CO₂ und bieten unzähligen Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause. Doch Hitze, Trockenheit, Schädlinge und Waldbrände setzen ihnen zunehmend zu. Gleichzeitig bedrohen intensive Nutzung und Wildverbiss ihre natürliche Regeneration. Ein gesunder Wald dagegen ist ein wahres Kraftwerk für Mensch und Natur: Er schützt das Klima, stärkt die Biodiversität, liefert nachhaltigen Rohstoff und schenkt uns Ruhe und Kraft. Wer den Wald pflegt, investiert in die eigene Zukunft.
Verfolgt man die Berichterstattung und die öffentliche Diskussion über die Klimakrise in den Medien, könnte man fast meinen, der Klimawandel sei ein neues Phänomen, das ganz plötzlich und ohne Ankündigung über die Menschheit hereingebrochen ist. Tatsächlich ist das Wissen über den Klimawandel schon alt.
Bereits 1896 formulierte der Nobelpreisträger Svante Arrhenius, ein schwedischer Physiker und Chemiker, die Theorie der globalen Erwärmung durch den Einsatz fossiler Brennstoffe. Er rechnete damit, dass eine Verdopplung der Kohlenstoffdioxid-Konzentration in der Atmosphäre zu einer weltweiten Temperaturerhöhung von 5 °C führen würde. Anders als heute gewann er dem Treibhauseffekt überwiegend positive Seiten ab. Er nahm an, dass sich insbesondere in den kalten Teilen der Erde die klimatischen Verhältnisse bessern und die Ernteerträge in der Landwirtschaft sich um ein Vielfaches erhöhen würden.
Die später entwickelten Hypothesen und Warnungen zur Erwärmung wurden zur Kenntnis genommen, aber in ihrer Dimension im Sinne des Wortes nicht begriffen. So schrieb zum Beispiel der renommierte Freiburger Waldbauprofessor Dr. Helmut Schmidt-Vogt noch 1989 in seinem Standardwerk über die Fichte in einem kleinen Absatz, dass nach klimatologischen Modellrechnungen die Fichten, die wir heute pflanzen, in einem um etwa 2–4 °C wärmeren Klima stehen werden. Die Dramatik, welche damit für die Fichte, ja für den ganzen Wald verbunden ist, wurde noch nicht erkannt. Symptomatisch für uns alle?
Unzählige Klimakonferenzen fanden inzwischen statt, umfangreiche Weltklimaberichte wurden verfasst, aber außer ernsten Sonntagsreden passierte nicht allzu viel. Der weltweite Ausstoß des Klimagifts Kohlendioxid und anderer klimaschädlicher Stoffe steigt und steigt. Weltweit waren es im Jahr 2023 noch nie so viel wie bisher, 1,3 % mehr als im Vorjahr.
Der entscheidende Weckruf für unsere Gesellschaft, aber auch für viele von uns, waren die beiden Jahre 2018 und 2019. Ein Hitzerekord nach dem anderen wurde gebrochen. Am 25. Juli 2019 wurde in Duisburg-Baerl und Tönisvorst in Nordrhein-Westfalen mit 41,2 °C ein neuer Hitzerekord für Deutschland aufgestellt (Quelle: DWD). Das Jahr 2018 wurde mit einem Temperaturdurchschnitt von 10,5°C zum bis dahin wärmsten Jahr in Deutschland. Flüsse und Seen trockneten aus, Wasser wurde zu einem knappen und kostbaren Gut. Es war deshalb kein Wunder, dass auch der Wald davon gezeichnet war – und zwar dramatisch. Fast 300.000 Hektar Wald, eine Fläche größer als das
Saarland, starben durch Borkenkäfer und Trockenheit ab. Inzwischen ist nach Schätzungen des Thünen-Instituts die Schadensfläche auf knapp 500.000 Hektar (Stand März 2023) angestiegen. Ob im Harz, Thüringer Wald oder Frankenwald, flächenweise starben die Bäume ab. Besonders betroffen waren Fichten und Kiefern. Aber, zum Entsetzen von Förstern und Waldbesitzern, vertrockneten auch Buchen und andere Laubhölzer. Baumarten, auf die man für einen zukunftsfähigen Mischwald bisher setzte.
In den Jahren 2018 bis 2022 fielen lt. Thünen-Institut deutschlandweit etwa 255 Millionen Festmeter Schadholz an, 91 % davon waren Nadelhölzer, insbesondere die Fichte. Offensichtlich hat die Fichte die größten Schwierigkeiten mit der Klimaerwärmung.
Aus dem Buch:
ISBN 978-3-7020-2316-4
Walter Schubach
WALD IM WANDEL
Baumarten, Verjüngungsziele, Mischungsformen
152 Seiten, durchgehend farbig bebildert, 16,5 x 22 cm, Hardcover
€ 28,00
Borkenkäfer, Trockenheit, Waldbrände – das sind die wirtschaftlich bedeutendsten Herausforderungen für Waldbesitzer. Damit wir den Wald dauerhaft wirtschaftlich nutzen können, müssen wir jetzt eingreifen. Dieses Buch thematisiert, welche Zukunft unsere Baumarten nach dem derzeitigen Wissensstand haben und was jetzt zu tun ist, um den Wald stabiler zu gestalten. Neben waldbaulichen Fragen geht der Autor auch auf eine waldgerechte Jagd ein, ohne diese der notwendige Waldumbau nicht gelingen kann.






© Wilhelm Hufnagl
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