Das orientalische Pferd

Das orientalische Pferd von Hans Brabenetz

Der Begriff „orientalische Pferde“ umfasst ein weitgespanntes Feld. Der Ursprung aller dieser Rassen soll auf asiatische Pferde zurückgehen, die sich im Laufe der Zeit nach Süden, vor allem auf die fruchtbareren Gebiete der arabischen Halbinsel, ausbreiteten. Das heiße und trockene Klima dort hatte zur Folge, dass die Pferde sehr grazil und in unseren Augen „edel“ blieben und den so genannten Arabertyp entwickelten. Die strenge Auslese schuf ein Pferd von ganz bestimmtem Gepräge, das bestens an die harten Umweltbedingungen angepasst war. Anspruchslos und ausdauernd, war es mit wenig und grobem Futter zufrieden und dabei gegen Temperaturschwankungen unempfindlich. Ausdauer und hohe durchschnittliche Schnelligkeit zeichnen sie bis heute aus; die harten Hufe und die trotz eher geringen Umfangs sehr stabilen Beine sind typisch. Die sagenhafte Schönheit des Araberpferdes kann in früherer Zeit allerdings nicht allgemein gewesen sein, sondern ist erst durch die europäischen und amerikanischen Züchter besonders gefördert worden.
Erst spät entstand in fernen Gegenden ein Wunschbild vom Araberpferd, das sich in einigen Details von der Realität stark unterschied. Die phantastische Vorstellung vom hoch edlen „Zauberpferd“ hat sich erst viel später und ganz woanders bewahrheitet, getragen von Liebhabern, denen das Leben in Arabien zum Teil fremd war. Sie hatten und haben vom Leben der nomadisierenden Beduinen wenig Ahnung und kannten die ökonomischen Verhältnisse nicht. Dem Glauben an ein „Wüstenpferd“ muss entschieden entgegengetreten werden, denn in der eigentlichen Wüste Zentralarabiens gibt es nur wenig Leben. Nur in Randzonen mit ihrem spärlichen Pflanzenkleid und Wasservorkommen können die Beduinen und ihre Tiere ein kärgliches Leben führen; Kamele und Schafe bilden die Lebensgrundlage. Gerste, Heu und Datteln sind in der ursprünglichen Heimat der arabischen Pferde weitgehend unbekannt. Sie leben dort fast ausschließlich auf der kargen Weide und nicht, wie oft behauptet wird, im Zelt ihres Besitzers.
Heute leben in Arabien ausschließlich Vollblutaraber, die aus Europa, anderen orientalischen Ländern oder den USA importiert wurden. Eine nachvollziehbare, eigenständige Zucht endete in Arabien nämlich bereits in der zweiten Hälfte der Zwischenkriegszeit.
Heute ist die arabische Rasse praktisch über die ganze Welt verbreitet, und zwar als Vollblut- oder Halbblutaraber (Shagya). Vollblutaraber kann nur ein Pferd genannt werden, dessen Abstammung lückenlos auf von der arabischen Halbinsel importierte Originalaraber zurückführt. Für beide Rassen gilt der Grundsatz, dass sie in Verbänden, die von den beiden weltumspannenden Dachorganisationen anerkannt sind, eingetragen sind. Sie werden derzeit nur für Sport und Liebhaberei gezüchtet bzw. gehalten.
Die Domäne des orientalischen Pferdes in den Varianten Araber (Vollblut und Halbblut) und Turkmene/Achal-Tekkiner sowie auch der afrikanischen Berbergruppe ist vielfach der Distanzsport. Aber auch in der Vielseitigkeit und in speziellen Sparten, z. B. der klassischen Dressur, sind immer wieder Spitzenleistungen zu finden. Ausdauer und Härte bei großer Genügsamkeit und robuster Gesundheit waren und sind die Hauptmerkmale solcher Pferde.
Schließlich soll auf den positiven Einfluss des orientalischen Pferdes, auch des Shagyas, auf andere Rassen hingewiesen werden. Turcmain Atti hatte als vermutlicher Turkmene einen tiefgreifenden Einfluss auf die frühe deutsche Zucht; in Holstein waren später zwei Amurath-Hengste eingesetzt, von denen einer auch in Hannover nachhaltig wirkte. In Celle stand längere Zeit ein Sohn eines Bábolnaer Shagya, der seinerseits wiederum im damaligen Landgestüt Osnabrück um 1930 stark frequentiert wurde beide sind aus der heutigen Hannoveraner Zucht nicht wegzudenken. Man kann somit sagen, dass gute orientalische Pferde sowohl im Sport als auch der Zucht ihren gebührenden Platz auch im Okzident gefunden haben.

Einige orientalische Rassen: Vollblut-Araber (Asil, Straight Egyptian, Blue List etc.); Araberrasse/Shagya-Araber; Anglo-Araber; Achal-Tekkiner; Tersker; Araber-Berber; persischer Araber, Shiraz, Jaf etc.

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