Die britischen Ponys

Die britischen Ponys von Linda Impey

Die Britischen Inseln haben das Glück, nicht weniger als neun traditionelle Ponyrassen zu besitzen. Daneben gibt es noch einige Rassen ohne eigenes offizielles Zuchtbuch, die trotzdem untrennbar mit unserer Ponyszene verbunden sind (z. B. den Tinker oder das Lundy-Pony).
Jede Rasse hat eine eigene Zuchtgesellschaft, welche die Eintragung der Fohlen und die Bewerbung von Zuchtprodukten und Gestüten über hat. Diese Vereine oder Gesellschaften verfassen und bewahren den jeweiligen Rassestandard, welcher für alle Züchter und Richter verbindlich sein sollte.
Obwohl jede Rasse ihren eigenen und individuellen Standard hat, sind die Proportionen aller Berg- und Heideponys annähernd dieselben. Die Distanzen vom Genick zum Widerrist, vom Widerrist bis zum Ellbogenhöcker, von diesem bis zum Fesselkopf und vom Widerrist zum höchsten Punkt der Kruppe sollten etwa gleich lang sein. Diese Maße sind für unsere Ponyrassen recht typisch und dabei etwas unterschiedlich zu den Reitponys, die ja in ihren Proportionen eher einem hochgezüchteten Reitpferd ähneln, also längere Beine haben und schmäler sind. Weil eben die alten Ponyrassen so gebaut sind wie oben beschrieben und dazu meist auch relativ breitbrüstig sind, können sie weit mehr Gewicht tragen als ein feingliedriges Reitpony oder ein zartes Kleinpferd. Das ermöglicht es solch einem Pony, sogar einen nicht zu schweren erwachsenen Reiter oder eine große Last zu tragen. Highland-Ponys werden noch immer in den großen Jagdrevieren des schottischen Hochlands dazu gebraucht, die erlegten Hirsche über raues Terrain ins Tal zu tragen. Ein ausgewachsener Hirsch kann rund 100 kg wiegen, also braucht das Pony harte, gut geformte Hufe aus dunklem Horn und ein stabiles Gebäude (helles Hufhorn gilt als weich).
Acht der britischen Rassen haben lange Mähnen und Schweife und etwas Kötenbehang an den Beinen. Das dient als Schutz vor dem winterlichen Regen und dem Schnee; nur das New-Forest-Pony hat kürzeres, dünneres Langhaar und keinen Kötenbehang, weil es aus einem klimatisch milderen Waldgebiet stammt. Es darf auch längere Ohren aufweisen als die anderen Rassen; kleine Ohren minimieren nämlich den Wärmeverlust, und ein rauer Lebensraum ist für diese Rassen prägend gewesen.
Alle neun nativen Rassen wurden auf den Farmen als equide Allround-Traktoren verwendet. Das Shetland-Pony ist für seine Größe enorm stark und musste arbeiten. Es kann einen Karren ziehen, einen leichten Reiter tragen, die Körbe mit Torf für das Herdfeuer zum Gehöft schleppen und jede anfallende Arbeit auf einer Kleinlandwirtschaft erledigen. Eine gewisse Ausnahme ist der Welsh Cob, der eigentlich eine zusammengewürfelte Rasse ist, die ursprünglich Reittiere für die mittelalterlichen Knappen liefern sollte. Obwohl es für sie kein Größenlimit gibt, sollten die Cobs noch immer starke Ponymerkmale aufweisen.
Man fordert zu Recht gute Hufe, und alle unsere Ponyrassen sollten steinharte Hufe haben. Besonders die großen Rassen Fell, Dales, Highland und Welsh Cob müssen große, flache Hufe als Standfläche für ihr hohes Gewicht aufweisen. Die Röhren sollen stark sein, also über stabile Knochen und gut entwickelte Sehnen verfügen, die zusammen das ergeben, was wir in England flat bone nennen. Übersetzt heißt das etwa, dass der Querschnitt unter dem Karpalgelenk groß und rechteckig ist und nicht zu klein und rund.
Wenn die Ellbögen an den Körper gedrückt sind, so behindert das die freie Bewegung und ergibt eine kurze, stampfende Aktion. Alle Ponyrassen sollten eine gut entwickelte Kruppe haben, denn sie ist der Motor. Die Aktion wünscht man sich bei den großen, reitbetonten Rassen so gut, dass sie mit Sportpferden mithalten können. Allerdings dürfen sie nicht wie Vollblüter laufen, sondern sollten etwas Knieaktion aufweisen und vor allem die Sprunggelenke beugen. Flache, behäbige oder unkorrekte Gänge sind verpönt, weil das auch in der freien Wildbahn gefährlich gewesen wäre. Jede Rasse hat ein charakteristisches Bewegungsmuster, das ein guter Richter erkennen kann, doch das bedarf einiger Übung. Alle sollen jedoch ausdauernd und trittsicher sein.
Hals und Schulter sollen lang sein, man will ja „viel Pferd vor sich haben“. Der Widerrist muss so ausgeprägt sein, dass sich eine ausreichend gute Sattellage ergibt, die den Reiter nicht knapp hinter den Ohren des Ponys platziert. Gerade beim Pony oder Kleinpferd ist die gute Vorhand wichtig, sonst ist das Reitgefühl schlecht.
Den Kopf wünscht man sich mit breiter Stirn, kleiner Schnauze und großen Nüstern, die eine effiziente Atmung ermöglichen.
Es muss einmal gesagt werden, dass die erlaubten Farben in den Rassestandards verbindlich sind, und zwar nicht nur in Großbritannien, sondern auch in den Nachzuchtländern. Sieht man ein Shetland-Pony als „getigert“ angepriesen, dann kann es kein reinrassiges Shetty sein! Diese Rasse enthält als einzige Berg- und Heiderasse auch Schecken, aber keine Tiger. Alle anderen sind immer durchgefärbt, mit Ausnahme des British-Spotted-Ponys, das nicht zu dieser Gruppe zählt und bei dem die Tupfen typisch sind. Es stimmt, dass ein gutes Pferd keine Farbe hat, doch die Standards sind strenge Richtlinien für Züchter und Richter.
Einige typische Ponyrassen: Connemara, Highland, Dales, Welsh-Cob, New Forest (groß); Exmoor, Fell, Welsh Sektion B und C; Fjord; Haflinger (mittelgroß); Welsh A, Dartmoor, Shetty (klein); kleine Tinker; Konik; Huzule; Bosniake; Dülmener; Deutsches Reitpony und ähnliche Rassen.Alles was Reiter, Züchter und Käufer zum Thema Pferdebeurteilung wissen müssen, findet sich kompakt und übersichtlich dargestellt im Buch „Pferde richtig beurteilen. Praktisches Wissen für Reiter, Züchter, Käufer -“ von Martin Haller.

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