Das Sportpferd am Beispiel eines Hunter
Das Sportpferd am Beispiel eines Hunter von Justine Armstrong-Small.
Ich trainiere und reite Hunter (Jagdpferde) in England, die ich auf Turnieren und Schauen vorstelle. Ich habe als Mädchen viele Ponys geritten und auf ihnen viel gelernt. Ich denke, dass für alle Sportpferde etwa dieselben Kriterien der Brauchbarkeit anzuwenden sind, egal, ob es sich um Ponys, Großpferde oder spezielle Typen handelt. Für wirkliche Spezialaufgaben, wie etwa Dressur oder Springen der oberen Klassen, braucht ein Pferd zwar auch besondere Anlagen, aber die Grundsätze der Korrektheit und Verwendbarkeit sind immer ähnlich.
Ich schätze einen attraktiven Kopf mit freundlichem Ausdruck und einem „Schau-mich-an-Faktor“, also einem wachen, sympathischen Blick. Ein eher langer Hals mit gutem Genick ist wichtig, damit man keine Rittigkeitsprobleme hat. Die schräge, lange Schulter ergibt gute Bewegungen und vor allem eine gute Sattellage. Sie bewirkt, dass man nicht „über“ dem Widerrist und damit „auf“ der Bewegung sitzt, wie wir das nennen. Eine kurze Lende sorgt ebenfalls für eine gute Sattellage, und was auch viel zählt, ist, dass das Hinterbein so dranbleibt. Das Vorderbein sollte genau unter der Mitte der Schulter senkrecht nach unten gehen, mit kurzen Röhren für Stabilität und Kraft. Die Fesseln wünsche ich mir im selben Winkel wie Schulter bzw. Oberschenkel, denn das mindert die Prellungen bei schneller Gangart.
Sportpferde brauchen eine gute Tiefe und Breite im Brustkorb, damit genug Platz für Herz und Lunge ist, sonst fehlt es an Ausdauer. Ich suche immer nach Pferden mit guter Hinterhand, die ist beim Springen und überhaupt im Sport der Motor. Kräftige Muskulatur auf einer ideal geformten Kruppe ist für mich unerlässlich; die Hosen müssen gut ausgebildet sein, denn das gibt Sprungkraft und viel Schub von hinten.
Meine Mutter, die für mich die meisten jungen Pferde sucht bzw. aussucht, hat große Scheu vor Tieren mit Problemen in den Gelenken, besonders hinten. Wir suchen immer solche Typen, die große, gesunde Gelenke besitzen; Spat ist für uns als Zeichen von schwacher Konstruktion ein Grund zur Ablehnung. Starke Bänder und klare, kräftige Gelenke sind im Sport notwendig.
Wir brauchen vor allem bei Schaupferden, die ja neben dem Parcoursspringen auch auf Typ, Exterieur und Manieren beurteilt werden, einen klaren, gelassenen Schritt mit viel Energie und Raumgriff und einen ebensolchen Trab; der Galopp muss wie bei allen Sportpferden elastisch und schwungvoll sein. Um es nochmals zu betonen: Der Motor eines Pferdes sitzt hinten, und nur mit einer wirklich gut konstruierten Hinterhand wird es gute Leistungen erbringen können.
Wir fanden früher viele unserer Nachwuchspferde in Irland, heute schauen wir genauso nach Europa, weil die Zuchten am Kontinent sehr gute und auch schöne Tiere hervorbringen. Einige meiner derzeitigen Erfolgspferde sind Kreuzungen aus englischen oder irischen Vollblutstuten und kontinentalen Warmbluthengsten, etwa aus französischer oder holländischer Zucht. Ein gutes Springpferd hat etwas Blut und damit Leistungsfähigkeit und Elastizität, aber braucht auch Vermögen für die immerhin bis 150 cm hohen Sprünge. Wir sind vom modernen Warmblut mit einem deutlichen Vollblutanteil überzeugt; auch reine Vollblüter mit genügend Substanz sind hervorragende Sportpferde. In jedem Fall braucht es allerdings passend zu seiner Größe genug Knochen und passende Hufe (genug „Bein“), um ein entsprechendes Gewicht tragen zu können. Bei rund 170 cm Stockmaß sollte es rund 23 bis 25 cm Röhrenumfang haben.
Einige typische Springpferde: Irish Hunter (ein Hybrid aus Vollblut und Irish Draught); Irish Draught; Irish Sport Horse; alle modernen europäischen Sportpferde mit Galoppier- und Springvermögen sie alle geben gute Spring- und Vielseitigkeitspferde ab. Als Dressurpferde findet man meist holländische, skandinavische und deutsche Sportpferderassen.
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